INFORMATIONEN ZU SCHMERZ & CHRONISCHEN SCHMERZ

 

Dem sind keine Grenzen gesetzt, der sie nicht hinnimmt.

(Zen-Weisheit)

 

Einleitung

Alle Menschen haben schon irgendwann einmal Schmerzen gehabt.
Im Allgemeinen werden akute Schmerzen von uns als Warnsignal für Krankheit oder Verletzung verstanden. Damit verbunden ist zumeist auch die Hoffnung auf eine baldige Besserung / Heilung, und somit können wir die Schmerzen zumindest für kurze Zeit aushalten und akzeptieren.
Im Gegensatz dazu stellen jedoch chronische Schmerzen für die Betroffenen zumeist eine deutlich größere Belastung dar.

Merkmale chronischer Schmerzen

Die Zahl der von chronischen Schmerzen Betroffenen wird in Österreich auf ca. fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung geschätzt.
Von „chronischen Schmerzen" spricht man heute, wenn diese länger als drei bis sechs Monate bzw. länger als die übliche Heilungsdauer bei akuten Verletzungen bestehen.
Betroffen können prinzipiell alle Körperteile sein, am häufigsten treten Rücken- und Kopfschmerzen auf.
Die chronischen Schmerzen umfassen jedoch in fast allen Fällen mehr als nur die körperliche Empfindung. Damit verbunden werden von den Betroffenen die veränderte körperliche Leistungsfähigkeit und berufliche Einschränkungen, soziale Isolation und psychische Folgeerscheinungen (z.B. Reizbarkeit, Schuldgefühle Depression, Versagensängste, Krankheitssorgen, Hoffnungslosigkeit) als besonders belastend geschildert.

Nicht selten entstehen nach traumatischen Belastungen lang anhaltende körperliche und seelische Erkrankungen, die unter dem Begriff der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zusammengefasst werden. Diese Traumata können auch chronische Schmerzen zur Folge haben.

Oftmals erlebten betroffene Personen während bzw. infolge des traumati­schen Ereignisses oder akut unmittelbar danach oder erst einige Tage danach oder sogar Wochen später auftreten auftretende Schmerzen.

Falls die posttraumatische Störung (in dieser Zeit) unbehandelt bleibt, besteht ein deutlich erhöhtes Risiko, lebenslang unter Schmerzen bzw. Traumafolgen (Ängste, Flashbacks, Depression, veränderte Körperwahrnehmung, psychischer und physischer Anspan­nung - kontinuierliche Erhöhung von Noradrenalin, Vermeidungsverhalten, u.ä.) zu leiden.

 

Psychotherapie - Verhaltenstherapie bei (chronischen) Schmerzen

Verhaltenstherapeutische Interven­tionen für SchmerzpatientInnen wur­den bereits in den frühen 80er Jahren entwickelt und stellen heute laut Untersuchungsergebnissen die besten Bewältigungsstrategien für PatientInnen zur Verfügung.

Jedoch muss nach wie vor leider gesagt werden, dass betroffene PatientInnen zu selten behandelt werden und zu lange unbehandelt bleiben und verhaltenstherapeutische Behandlungsmethoden noch immer zu selten empfohlen werden.

Ebenso darf die Behandlung der komorbiden Störungen (z.B. Depression, Ängste, Alkohol­- und Medikamentenmissbrauch u.ä.) nicht vernachlässigt werden und ist für eine gute Prognose mit ausschlaggebend.

Untersuchungen legen nahe, dass Emotionen die Wahrnehmung von Schmerzen deutlich mit beeinflussen, vor allem führen negative Emotionen zu einer vermehrten Schmerzwahrnehmung (Senkung der Schmerz­schwelle), somit kann es hier auch zu einem Teufelskreis kommen (Schmerz => negative Emotionen => Schmerz).

Für viele Betroffene spielt die Frage nach den Ursachen der Schmerzen eine Hauptrolle.
Mit dieser Frage ist vielmals die Hoffnung verbunden, mit dem Wissen um die Ursache gleichzeitig auch die Schmerzproblematik loszuwerden.
Bei chronischen Schmerzen wird diese Hoffnung jedoch nur in den seltensten Fällen erfüllt.
In manchen Fällen kann zwar die Ursache bestimmt werden, aber eine Beseitigung ist nicht möglich (z.B. bei Rheuma). In anderen Fällen kann wiederum die Ursache der Schmerzproblematik nicht eindeutig geklärt werden (z.B. bei dem Großteil der Rückenschmerzen).
Es könnte auch gesagt werden, dass sich der Schmerz „verselbständigt" und sich ständig selbst verstärkt.

Die aktuelle Meinung in der Schmerzforschung besagt, dass chronische Schmerzen immer von mehreren Faktoren beeinflusst und aufrechterhalten werden. Daher ist bei chronischen Schmerzen in fast allen Fällen ein multidisziplinäres Therapieangebot angezeigt (FachärztInnen, PsychotherapeutInnen, PhysiotherapeutInnen, Schmerzambulanzen).
Das Ziel der „Schmerzfreiheit" ist in der psychotherapeutischen Schmerztherapie nicht immer das Ziel der Wahl, da dies für viele PatientInnen als „unrealistisch" angesehen werden muss.
Eine Erhöhung der Lebensqualität und eine Reduktion der Schmerzintensität und Schmerzdauer durch veränderte gedankliche Strategien bezüglich der Schmerzen, durch die Analyse und Identifizierung von Schmerzauslösern und -verstärkern (anhand eines Schmerztagebuchs) oder das Erlernen von individuellen Strategien zur Schmerzbewältigung (z.B. Entspannungstechniken, Stressmanagementtechniken) sind jedoch realistische Ziele.

Als wesentliche Techniken haben sich das Erlernen von Bewältigungsstrategien und die konkre­te Integration der Bewältigungsstrategien in den Alltag, Selbstbeobachtung und Identifikation problematischer Alltagssitu­ationen, eine regelmäßige und selbstständige Anwendung von Entspannungstechniken und eine detaillierte Rückfallprophylaxe gezeigt. Diese Techniken sind bezüglich der Verringe­rung der sub­jektiven Beeinträchtigung und der Schmerzintensität wissenschaftlich belegt.

Akzeptanz gegenüber dem eigenen Schmerzleiden, gegenüber physischer Einschränkung und beeinträchtigtem Le­bensalltag kann für die Bewältigung von Schmerzen nicht nur als hilfreicher Bewältigungsmechanis­mus, sondern sogar als wichtig(st)er Bewältigungsfaktor angesehen werden.

Patienten, die eine hohe Akzeptanz zeigen, weisen weniger Arztbesuche auf, nehmen weniger Schmerzmittel ein und fühlen sich sogar weniger körperlich eingeschränkt, sind weniger depressiv und ängstlich.

Als wichtige Therapiebestandteile haben sich bei manchen Patien­tinnen Psychoedukation (Schmerzentstehung, psy­chischen Komponenten von Schmerzgeschehen), das Führen von Schmerztagebüchern, Entspan­nungsverfahren, Körperwahrnehmungsübungen, imaginatives Techniken, Methoden der Aufmerksamkeits­lenkung und nicht zuletzt kognitive Methoden der Schmerzbewältigung herausgestellt.

Zumeist ist eine individualisierte Vorgehenswei­se in der Therapie für die PatientInnen am erfolgversprechendsten.

Als Basis für eine erfolgversprechende Therapie ist immer eine ausführliche Schmerzdiagnostik (wenn notwendig auch mit Fremdanamnese) zu sehen.