INFORMATIONEN ZU AUFMERKSAMKEITSSTÖRUNGEN / HYPERAKTIVITÄT

 

Nur die Ruhe ist die Quelle jeder großen Kraft.

(Fjodor M. Dostojewski)

 

Alle Kinder (und das gilt auch für Erwachsene) sind manchmal unruhig, sie sind aufgedreht, werden durch Kleinigkeiten abgelenkt und können sich nicht konzentrieren.
Es ist normal, dass sich jüngere Kinder häufiger unruhig verhalten, und auch ungeduldig sind, wenn sie auf etwas warten müssen, oder dass es für sie schwierig ist längere Zeit bei einer Sache zu bleiben.
Das Ausmaß und die Stärke der Unruhe, der Ablenkbarkeit und der Unkonzentriertheit entscheiden, ob von einer Aufmerksamkeitsstörung zu sprechen ist oder nicht.

Viele Begriffe sind im Moment im Umlauf, die diese Erkrankung bezeichnen:

ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung)
ADS (Aufmerksamkeits-Defizit-Störung)
ADHD (Attention Defizit Hyperactivity Disorder)
Hyperkinetische Störung / Hyperkinetisches Syndrom
ADD (attention deficit disorder)
POS (Psycho-Organisches-Syndrom)

Folgenden Symptome der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (DSM IV) können vorhanden sein:

Unaufmerksamkeit

Das Kind
a) beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei der Arbeit,
b) hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten,
c) scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen,
d) führt  häufig Anweisungen  anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen,
e) hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren,
f) vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern,
g) verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt werden,
h) lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken,
i)  ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich;

Hyperaktivität:

Das Kind
a) zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum,
b) steht in der Klasse oder in anderen Situationen, in denen Ruhigsitzenbleiben erwartet wird, häufig auf,
c) läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist,
d) hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen,
e) ist häufig „auf Achse" oder handelt oftmals, als wäre er/sie „getrieben",
f) redet häufig übermäßig viel;

Impulsivität:

Das Kind
a) platzt häufig mit den Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist,
b) kann nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist,
c)  unterbricht und stört andere häufig.

Unterscheidung nach der Erscheinungsform

Es werden heute drei Erscheinungsformen unterschieden:
1) Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (motorische Unruhe) und Impulsivität,
2) Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität und Impulsivität und
3) Hyperaktivität ohne Aufmerksamkeitsstörung.

Welche Symptome sind zu beobachten?

Die Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität zeigt sich darin, dass es diesen Kindern oder Jugendlichen schwer fällt, sich über längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren und sich damit zu beschäftigen (z. B. bei speziellen Arbeiten in der Schule, oder bei den Hausaufgaben).
Die Kinder oder Jugendlichen lassen sich durch die Umgebung leicht ablenken und haben zumeist große Schwierigkeiten dabei, begonnene Arbeiten zu Ende zu führen.
In der Schule fallen ungünstige Arbeitsorganisation, ein langsames Arbeitstempo und fehlende Lernstrategien auf.
Häufig passieren den Kindern und Jugendlichen bei Arbeiten (Schularbeiten, Schul- oder Hausaufgaben) oft unerklärliche Flüchtigkeitsfehler.
Sie haben (zumeist im Unterricht und auch zu Hause) große Mühe, zuzuhören und sie fallen dadurch auf, dass sie vergesslich sind und manchmal Gegenstände verlieren.


Die Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität und Impulsivität zeigt sich dadurch, dass Kinder und Jugendliche mit hyperaktivem Verhalten durch ihre scheinbar unermüdliche Energie auffallen. So können sie zumeist nicht stillsitzen, weder zu Hause noch im Kindergarten oder in der Schule; - sie zappeln andauern herum. Manchmal kommt es sogar dazu, dass sie sich durch ungestümes und unüberlegtes Verhalten in gefährliche Situationen bringen, oder diese schlecht abschätzen können.
Ungeduld kann ein großes Problem darstellen. So müssen Antworten im Unterricht sofort raus gerufen werden, Ideen, die einfallen, können nicht warten.

Welche Probleme sind zu beobachten?

Zumeist treten die problematischen Verhaltensweisen in verschiedenen Lebensbereichen (in der Familie, bei Aktivitäten in der Freizeit und in der Schule).
Im Schulalltag weisen viele Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen zudem schlechte / unterdurchschnittliche Schulleistungen auf.
Kinder, die Tendenzen zu Aggression und Trotz ausweisen, leiden oftmals darunter, dass sich andere von ihnen zurückziehen und sie keine / wenige Freunde haben.
Vielfach haben die betroffenen Kinder große Mühe, konzentriert zu arbeiten, wenn von ihnen selbständiges Arbeiten (z.B. Hausaufgaben) und eine längere Ausdauer erwartet werden.
Dass die Konzentration bei z.B. diversen Computerspielen gelingt, ist KEIN BEWEIS GEGEN die Erkrankung.

Als Begleiterscheinungen finden sich oftmalig dissoziales Verhalten (Diebstähle, Einbrüche, u.ä.) und ein niedriges Selbstwertgefühl.

Diese Schwierigkeiten bleiben, wenn nichts dagegen unternommen wird, während der ganzen Schulzeit vorhanden. Früher dachte man, dass die Probleme mit der Pubertät enden; heute steht fest, dass die Probleme nicht von alleine verschwinden, sondern bis ins Erwachsenenalter weiter bestehen bleiben.

Aufmerksamkeitsstörungen treten bei Jungen mehrfach häufiger auf als bei Mädchen.


Was kann man gegen Aufmerksamkeitsstörungen tun?

Psychotherapie

Am besten haben sich verhaltenstherapeutische und kognitive Behandlungsansätze bewährt (dazu gibt es auch bisher die besten Untersuchungsergebnisse).
Durch intensives Training werden grundlegende Fertigkeiten zur Selbststeuerung vermittelt.
Weitere Techniken können das Ziel haben, dem Kind zu helfen, sich in Schule und Familie an gewisse Verhaltensregeln zu halten.

Mitarbeit des sozialen Umfelds

Da Kinder und Jugendliche mit Aufmerksamkeitsstörungen Schwierigkeiten dabei haben, sich selbst zu steuern, ist eine konsequente Steuerung von außen mit absolut klaren Richtlinien unvermeidbar.
Für das Gelingen der psychotherapeutischen Unterstützung ist die Mitarbeit der Eltern / Bezugspersonen von größter Notwendigkeit.

Die Bedeutung von Medikamenten

Medikamente können eine wichtige Ergänzung in der Behandlung darstellen. Vor allem wenn eine schwere Aufmerksamkeitsstörung mit ausgeprägter Unaufmerksamkeit, motorischer Unruhe und Impulsivität vorliegt können die Medikamente den Kindern und Jugendlichen helfen (durch die Anregung der Hirnareale, die für die Selbststeuerung und Hemmung von Verhaltensimpulsen zuständig sind), und dadurch wird das Verhalten des Kindes oder Jugendlichen ruhiger, konzentrierter und kontrollierter.